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Folge des neuen Wahlrechts : Warum 23 Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag einziehen
Sieg ohne Mandat? Nach der Wahlrechtsreform sind einige Wahlkreise nicht durch einen Direktkandidaten im Bundestag vertreten. Am stärksten betroffen ist die Union.
Dass der neue Bundestag um mehr als 100 Abgeordnete kleiner wird, war bekannt. Dass als Folge der Wahlrechtsreform in 23 Wahlkreisen aber erstmals die Gewinner eines Wahlkreises nicht in den Bundestag einziehen, sorgt nun bei den Betroffenen für Frust.
Nach dem am frühen Montagmorgen von der Bundeswahlleiterin veröffentlichen vorläufigen Endergebnis ist vor allem die Union, aber auch Kandidaten von AfD und SPD von der neuen Regelung betroffen. Die Union hat zwar die meisten Direktmandate errungen, ihr Zweitstimmenergebnis (28,6 Prozent) reicht aber nicht aus, um alle Wahlkreissieger in den Bundestag zu entsenden. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte am Montag in Berlin angekündigt, auf eine Korrektur des Wahlrechts bestehen zu wollen. Man müsse mit der SPD über eine erneute Änderung sprechen. “Ein solches Wahlrecht beschädigt unsere Demokratie”, sagte er.
Bei der Union ziehen 18 Wahlkreisgewinner nicht ins Parlament ein
Der Grund für mehrere “verwaiste Wahlkreise” ist die Wahlrechtsreform der Ampelkoalition zur Verkleinerung des Bundestages, nach der ein Wahlkreissieger nicht mehr automatisch in das Parlament einzieht: Stehen einer Partei nach der Zweitstimmendeckung in einem Bundesland weniger Sitze zu als die Zahl der Wahlkreise, in denen sie die Erststimmenmehrheit errungen hat, bleiben die Wahlkreise mit dem geringsten Erststimmenanteil unbesetzt. Die bisher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate entfallen. Im Juli 2024 hatte das Bundesverfassungsgericht die Neuregelung geprüft und war zu dem Ergebnis gekommen, dass das Zweitstimmendeckungsverfahren mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Insgesamt 23 Wahlkreissieger erhalten kein Mandat. 15 Kandidaten der CDU gehen leer aus, drei der CSU sowie vier Kandidaten der AfD und eine Kandidatin der SPD.
Frankfurt ist gleich zweimal betroffen
Die betroffenen Wahlkreise liegen vor allem in Baden-Württemberg (sechs Kandidaten der CDU), Hessen (fünf Kandidaten der CDU), Rheinland-Pfalz (drei Kandidaten der CDU) und Bayern (drei Kandidaten der CSU).
Auch in Bremen (Kandidatin der SPD), Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt (jeweils Kandidaten der AfD) und in Schleswig-Holstein (Kandidatin der CDU) ist jeweils ein Kandidat davon betroffen.
- Baden-Württemberg: Stefan Glaser (Wahlkreis 282 Lörrach – Müllheim), Christoph Naser (Wahlkreis 290 Tübingen), Maximilian Mörseburg (Wahlkreis 259 Stuttgart II), Moritz Oppelt (Wahlkreis 277 Rhein-Neckar), Alexander Föhr (Wahlkreis 274 Heidelberg) und Melis Sekmen (Wahlkreis 275 Mannheim)
- Hessen: Astrid Mannes (Wahlkreis 185 Darmstadt), Marcus Kretschmann (Wahlkreis 183 Groß-Gerau), Leopold Born (Wahlkreis 182 Frankfurt am Main II), Yannick Schwander (Wahlkreis 181 Frankfurt am Main I) und Anna-Maria Bischof (Wahlkreis 169 Schwalm-Eder)
- Rheinland-Pfalz: Dominik Sienkiewicz (Wahlkreis 202 Trier), Ursula Groden-Kranich (Wahlkreis 204 Mainz) und Sertac Bilgin (Wahlkreis 206 Ludwigshafen/Frankenthal)
- Bayern: Claudia Küng (Wahlkreis 218 München-Süd), Sebastian Brehm (Wahlkreis 243 Nürnberg-Nord) und Volker Ullrich (Wahlkreis 251 Augsburg-Stadt)
- Schleswig-Holstein: Petra Nicolaisen (Wahlkreis I Flensburg-Schleswig)
- Bremen: Ulrike Hiller (Wahlkreis 54 Bremen I)
- Mecklenburg-Vorpommern: Steffi Burmeister (Wahlkreis 14 Rostock)
- Brandenburg: Andreas Galau (Wahlkreis 58 Oberhavel – Havelland II)
- Sachsen-Anhalt: Alexander Raue (Wahlkreis 71 Halle)
- Sachsen: Christian Kriegel (Wahlkreis 151 Leipzig I)
630 Abgeordnete zählt der 21. Deutsche Bundestag, 400 gehörten bereits dem 20. Bundestag an. Bei der konstituierenden Sitzung Ende März werden 230 neue Gesichter auf den Stuhlreihen im Plenum zu sehen sein. 333 Abgeordnete scheiden mit dem Ende der laufenden Wahlperiode aus dem Parlament aus.
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