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Parlamentarisches Profil : Der Maschinenwerker: Ansgar Heveling

Ansgar Heveling hat eine gewisse Faszination für die Funktionsfähigkeit demokratischer Verfahren. Ein Aktenfresser sei er aber nicht, sagt der Unionspolitiker.

20.12.2024
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3 Min

Der Vormittag, an dem Ansgar Heveling zum Telefon greift, ist ein besonderer. Klare Mehrheiten bestehen im Bundestag nicht mehr, das Regierungsbündnis ist zerbrochen, eine frohlockende Opposition, und inmitten des Wahlkampfes, der in den Startlöchern steht, geschieht heute das, was der mittlerweile ehemalige Bundesjustizminister Marco Buschmann jüngst als "Parlamentarismus in seiner besten Form" beschrieb: die Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts werden im Grundgesetz festgeschrieben. "Die Situation ist nicht alltäglich", sagt Heveling, 52, am Hörer. "Es ergeben sich Ad-hoc-Lösungen, das macht die Arbeit spannender und unerwarteter." Allerdings gibt der CDU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Krefeld I - Neuss II, der diesen bisher viermal hintereinander gewonnen hat, zu bedenken: "Langfristig ist es wichtig, stabile Mehrheitsverhältnisse zu haben."

Foto: Tobias Koch

Ansgar Heveling ist Mitglied im Wahlausschuss, Rechtsausschuss und Wahlprüfungsausschuss und sitzt seit 2009 für die CDU im Bundestag.

Doch hinter dem Vorhaben rund ums Bundesverfassungsgericht steht die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten. Warum? "Bisher wurde die Arbeit der obersten Gesetzeshüter bruchstückhaft geregelt. Es würde sie bestätigen, würdigen und stärken, wenn dies ins Grundgesetz eingebettet wird. Und dies sichert vor Gefahren." Zwar sehe er kein unmittelbares Risiko. Aber es mache Sinn, bei der nun anstehenden Stärkung auch gleich die Resilienz zu erhöhen.

Tradiertes System im Parlament wird in Frage gestellt

Immerhin hatte seine Fraktionskollegin Andrea Lindholz unlängst gesagt, die freiheitlich-demokratische Grundordnung stehe unter Druck. Sieht er das weniger alarmiert? "Das ist kein Widerspruch", entgegnet Heveling. “Auch im Parlament spüren wir, dass unser tradiertes System in Frage gestellt wird. Die AfD-Fraktion liefert harsche und unpassende Angriffe, damit wird das Parlament verächtlich gemacht.”


„Bisher wurde die Arbeit der obersten Gesetzeshüter bruchstückhaft geregelt.“
Ansgar Heveling (Union)

Das geplante Gesetz sieht beispielsweise vor, dass die Anzahl der Richter festgeschrieben wird, und dass bei einer Blockade ihrer Wahl ein Ersatzwahlgremium einspringt. Warum findet Heveling so etwas wichtig? "Würde nichts geschehen, könnte bei einer Sperrminorität, also wenn zum Beispiel die AfD auf ein Drittel aller Abgeordneten käme, die Richterwahl blockiert werden." Sollten sich gar die Mehrheitsverhältnisse zu einer Gestaltungsmacht ändern, könne man dann die Geschäftstätigkeit der Verfassungsrichter ändern, ihre Anzahl mit genehmen Kandidaten erhöhen oder sie etwa zum Bearbeiten von Verfahren nach Eingang zwingen. "Damit kann die Arbeit ausgehebelt werden, das kennen wir aus osteuropäischen Ländern". 

Ein Blick auf Hevelings Lebenslauf offenbart sein Wirken im Innenleben politischer Prozesse. Er ist Justiziar der CDU/CSU-Fraktion, Mitglied im Wahlausschuss, im Rechtsausschuss, im Wahlprüfungsausschuss und im Geschäftsordnungsausschuss; allein die beiden letzteren werden heute am Nachmittag tagen, zwischendurch geht es für ihn ins Plenum, es wird ein langer Tag.

Zuhause wurde viel über Politik diskutiert

Aber schon vorher diente Heveling in Funktionen, um die andere lieber einen Bogen machen - wie etwa als Schatzmeister der CDU im Rhein-Sieg-Kreis. Er lernte die Politik in Gremien von unten bis oben kennen: "Als ich als Schüler in die Schüler-Union eintrat, wurde ich am selben Abend in den lokalen Vorstand gewählt", erinnert er sich. Es waren die auslaufenden Achtziger, über Politikverdrossenheit wurde viel diskutiert, rechte Parteien erfuhren einen Auftrieb. "Das war ein Klima, dem ich mit anpackend etwas entgegenstellen wollte". 

Dass es für ihn die CDU werden sollte, habe auch an der familiären Sozialisation gelegen. Schon sein Großvater sei Mitgründer gewesen, Bürgermeister in Geldern am Niederrhein und Landrat. "Daheim wurde viel über Politik diskutiert", erinnert er sich an sein Aufwachsen in einer Apothekerfamilie. Es folgte die Ausbildung zum Volljuristen inklusive eines Ergänzungsstudiums an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. "Ich bin kein Aktenfresser, aber die Funktionsfähigkeit demokratischer Verfahren fasziniert mich." Für diese Leidenschaft im Maschinenraum der Politik gibt es in diesen Tagen viel zu tun. 

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