Debatte über die Schuldenbremse : Ökonomen zeigen sich offen für höhere Schulden - mit einer Ausnahme
Mehr Mittel für die Bundeswehr und die Infrastruktur sind nötig. Volkswirte diskutieren über ein neues Sondervermögen und eine Reform der Schuldenbremse.
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Deutschland soll mehr investieren, fordern Ökonomen unisono. Uneins sind sie, ob das Land dafür auch mehr Schulden aufnehmen soll. Über neue Schuldentöpfe und die Schuldenbremse im Grundgesetz herrscht Streit in der Wirtschaftswissenschaft.
Ist ein weiteres Bundeswehr-Sondervermögen nötig?
Einen viel beachteten Impuls im Fachmedium "Wirtschaftsdienst" gesetzt hat der Ökonom Stefan Kolev, wissenschaftlicher Leiter des Ludwig Erhard Forums für Wirtschaft und Gesellschaft in Berlin und Professor für Wirtschaftspolitik an der Hochschule Zwickau. Zwar sagt er im Interview: "Die Schuldenbremse ist und bleibt ein richtiges Instrument, um nachhaltig finanzielle Stabilität zu erhalten." Aber trotzdem ist er in der jetzigen Situation für höhere Schulden. Die Bundeswehr brauche ein weiteres milliardenschweres schuldenfinanziertes Sondervermögen, das sich an das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen aus dem Jahr 2022 anschließt. Nur so könne Deutschland seiner Pflicht aus dem Nato-Bündnis nachkommen, jährlich mindestens zwei Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), in sein Militär zu investieren.
Am 3. Juli genehmigte der Haushaltsausschuss den Kauf von 105 neuen Kampfpanzern Leopard 2 für die Bundeswehr. Der Kaufpreis von 2,9 Milliarden Euro wird zum Teil über das 2022 geschaffene 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen Bundeswehr finanziert.
Denn dafür seien jährlich 80 Milliarden Euro nötig, rechnet Kolev vor. Derzeit werde diese Größe erreicht, allerdings zuletzt nur dank der 27 Milliarden Euro aus dem 2022er Sondervermögen. Doch dieses werde 2027 aufgebraucht sein, warnt Kolev.
Der Ökonom stellt infrage, dass dann ein adäquater Betrag dauerhaft, verlässlich und mit der Inflation wachsend jedes Jahr aus dem Kernhaushalt in die Bundeswehr fließen kann. Dabei genüge das Zwei-Prozent-Ziel vielleicht gar nicht mehr. Osteuropäische Staaten seien bereits auf dem Weg in Richtung drei Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung, die sie für ihre Verteidigungsfähigkeit reservieren. So wollen sie sich angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Drohungen aus Moskau für einen möglichen Angriff Putins auf Nato-Gebiet wappnen.
ZEW-Ökonom hält weiteres Sondervermögen Bundeswehr für “vertretbar”
Unterstützung für seinen Vorschlag erhält Kolev von Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und öffentliche Finanzwirtschaft am ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim und Ökonomie-Professor an der Universität Heidelberg. Heinemann sagt: "Ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr ist vertretbar, aber man darf sich keiner Illusion hingeben: Dieser Weg stellt nicht sicher, dass die zusätzlichen Schulden auch wirklich nur die Investitionen steigen lassen." Derzeit erlaubt das Grundgesetz dem Bund, pro Jahr neue Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsproduktes aufzunehmen, um Einnahmen und Ausgaben auszugleichen. Etwas mehr Schulden sind möglich, wenn die Konjunktur lahmt, wie es derzeit der Fall ist.
Bei Naturkatastrophen oder "außergewöhnlichen Notsituationen" wie einer Pandemie kann der Bundestag eine Ausnahme von der Schuldenbremse beschließen. Wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2023 zum Nachtragshaushalt 2021 gezeigt hat, ist der Spielraum dafür aber sehr begrenzt. Neue schuldenfinanzierte Sondervermögen außerhalb der Schuldenbremse sind zwar möglich, aber nur, wenn Bundestag und Bundesrat sie mit Zweidrittelmehrheit im Grundgesetz verankern.
Mehr Bürgergeld dank 100 Milliarden für die Verteidigung? Sorge vor hohen Ausgaben
Heinemanns Sorge: Sobald die Politik mit einem Sondervermögen größere finanzielle Spielräume im Kernhaushalt hat, nutzt sie diese nicht für Investitionen, sondern steigert die Konsumausgaben des Staates. "Schon mit dem existierenden Sondervermögen Bundeswehr sind die Sozialausgaben gestiegen, etwa das Bürgergeld", sagt Heinemann.
Schulden und Tilgung
🦠 Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat der Bund in den Jahren 2020 bis 2022 mehr Schulden aufgenommen, als außerhalb von Notlagen erlaubt ist. Der Beschluss eines Notlagen-Kredits ist mit Kanzlermehrheit im Bundestag möglich.
📉 Der Gesamttilgungsplan der Notlagenkredite sieht vor, dass diese ab “2028 sowie in den folgenden 30 Haushaltsjahren zurückgeführt” werden. Wie die Notlagenkredite konkret getilgt werden, dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die der Bundestag bestimmen kann.
⚔️ 2022 hat der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit ein Sondervermögen Bundeswehr beschlossen. Die Schulden aus diesem Sondervermögen sind spätestens ab 2031 “innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen”.
Bereits zu Zeiten der schwarz-roten Koalition habe die Politik finanzielle Spielräume infolge einer dynamischen Wirtschaft mit sprudelnden Steuereinnahmen bei niedrigen Zinsen zu sehr für wachsende Sozialausgaben genutzt, anstatt zu investieren, etwa in die Infrastruktur wie Straßen, Schienen oder Brücken. Heinemann erklärt: "Zwischen 2015 und 2019 wurden rund 39,5 Milliarden Euro der zusätzlichen Haushaltsmittel für steigende konsumtive Ausgaben verwendet, während nur rund 13,2 Milliarden Euro für investive Ausgaben ausgegeben wurden." Die Koalition aus CDU/CSU und SPD führte die Rente mit 63 und die Mütterrenten ein, erhöhte so die staatlichen Konsumausgaben.
Während Heinemann Kolevs Position in puncto Sondervermögen für die Bundeswehr unterstütz, erfährt Kolev von anderer Seite Widerstand, und zwar ausgerechnet aus der eigenen Denkschule: Dem Leiter des Erhard-Forums widerspricht Lars Feld, Direktor des Walter Eucken Instituts und Wirtschaftspolitik-Professor in Freiburg.
Eucken-Direktor Feld sieht Möglichkeiten im laufenden Haushalt
Erhard und Eucken, sie waren einst nach dem Zweiten Weltkrieg die Vordenker einer liberalen Wirtschaftsordnung für Deutschland. Aber in der Schuldenfrage sind die Leiter der nach ihnen benannten Institute heute uneins. "Landesverteidigung ist Kernaufgabe des Staates, und wenn der Staat nicht in der Lage ist, diese aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren, dann hat er ein Problem", sagt Eucken-Direktor Feld. Zwar bestreitet auch er nicht, dass die Bundeswehr einen höheren finanziellen Bedarf hat, erklärt aber: “Es ist keineswegs unrealistisch, 25 bis 30 Milliarden Euro im Jahr im Haushalt umzuschichten, man muss eben Subventionen und Steuervergünstigungen streichen, wenn die Kraft für Einsparungen im Sozialbereich fehlt.”
Lindners Top-Ökonom sieht Habeck an der Grenze zur “Planwirtschaft”
Kolev dagegen beharrt auf einem weiteren Sondervermögen: "Die Rüstungsindustrie braucht ein klares Signal, dass Deutschland auch mittelfristig in sein Militär investiert." Dabei müsse Deutschland nicht nur in einen "Kapitalstock für eine neue Armee" investieren, sondern auch in seine Infrastruktur, in die Bildung und eine klimaneutrale Wirtschaft; das alles im Rahmen der Schuldenbremse. Kolev: “Angesichts dieser Herausforderungen ist es wichtiger, für die nächsten Jahre die Verteidigungsfähigkeit über einen gesonderten Schuldentopf zu finanzieren, denn wenn wir uns angesichts der absehbar knapp bleibenden Kassen bei jedem zur Verfügung stehenden Euro zwischen Investitionen und Verteidigung entscheiden müssen, kann beides scheitern.”
Subventionen kürzen, das bleibt dagegen die Lösung für Lars Feld. Er lehnt beispielsweise die zig Milliarden Euro an Investitionen aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) in Chip-Hersteller ab, ebenso die Beihilfen für die Stahlindustrie oder nun die Meyer-Werft: “Die Idee, diese Unternehmen durch Subventionen zur Transformation zu bewegen, ist Investitionslenkung und grenzt an Planwirtschaft.”
Mögliches Zugeständnis: Corona-Schulden langsamer tilgen
Feld verteidigt eisern die Schuldenbremse des Grundgesetzes. Lediglich ein Zugeständnis würde er machen, nämlich die Kredite der Krisenjahre 2020 bis 2023 (Corona, Ukraine) etwas langsamer zu tilgen. "Derzeit sind hier feste Beträge für die Jahre 2028 bis 2058 vorgeschrieben, die Rückzahlung sollte aber konjunkturabhängig erfolgen, etwa als Anteil am Bruttoinlandsprodukt", sagt Feld. Der Vorteil: Für eine solche Änderung ist keine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig, es reicht die Mehrheit der Koalition. Feld weiter: “Einen empirischen Beleg, dass Deutschland aufgrund der Schuldenbremse zu wenig investierte, gibt es bislang nicht.”
Doch Feld eröffnet noch einen weiteren Weg für höhere Investitions-Spielräume im Haushalt: Bereits geeinigt hat sich die Bundesregierung darauf, dass die Deutsche Bahn weniger Zuschüsse für Investitionen bekommt und dafür vom Bund Darlehen und Eigenkapitalzuschüsse. Diese gelten als finanzielle Transaktionen. Wenn der Staat dafür Kredite aufnimmt, fallen diese nicht unter die Schuldenbremse.
Aus Felds Sicht sind auch für die Bundesfernstraßen eigene Schulden jenseits des Bundeshaushalts möglich. Unter einer Bedingung: "Dafür müssten die Einnahmen aus der LKW-Maut und mögliche künftige Einnahmen aus einer Pkw-Maut direkt an die Autobahn GmbH oder noch besser eine Bundesfernstraßen GmbH als eigene Einnahmen fließen." Doch Feld geht noch weiter: "So ausgestaltet, könne eine gesonderte Infrastrukturgesellschaft mit eigenen Einnahmen auch in gewissem Umfang selbst Kredite aufnehmen." Sogar eine Minderheitsbeteiligung privater Investoren sei denkbar. "Leider scheiterten Vorstöße in diese Richtung bisher an der SPD", bedauert Feld.
Goldene Regel Plus: Habecks Beirat ist für mehr Schulden-Spielräume
Einen anderen Weg schlägt der wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vor. Bereits Ende 2023 sprach er sich in einem Gutachten unter anderem für eine "Goldene Regel Plus" aus. Die Idee: Der Staat soll mehr Schulden machen dürfen, aber nur, wenn diese tatsächlich für Investitionen genutzt werden. Außerdem sollen nur Investitionen in neue Dinge über zusätzliche Schulden finanziert werden dürfen, also die sogenannten Nettoinvestitionen. Der Erhalt des öffentlichen Kapitalstocks soll demnach weiter über den regulären Haushalt laufen. Kontrollieren soll das Ganze eine unabhängige Institution.
"Damit soll ein Unterlaufen der goldenen Regel verhindert werden, Konsumausgaben sollen nicht als Investitionsausgaben getarnt werden können", erklärt der Vorsitzende des BMWK-Beirats, Eckhard Janeba, Professor für Finanzwissenschaft an der Universität Mannheim, auf Anfrage. Janeba weiter: "Was Investitionen sind, muss zuvor von der Politik definiert werden. Als Expertenkommission könnten bereits bestehende Institutionen dienen, wie der Bundesrechnungshof oder der Unabhängige Beirat des Stabilitätsrats. Wichtig ist, dass die Personen unabhängig von der Regierung sind."
Eingriff ins parlamentarische Königsrecht?
Ob sich die Politik darauf einließe? ZEW-Ökonom Heinemann zieht einen Vergleich zur Geldpolitik. So seien auch die Bundesbank und die Europäische Zentralbank als unabhängige staatliche Institutionen konstruiert. Über die Höhe der Leitzinsen etwa entscheiden diese autonom, ohne Einmischung von Regierung und Parlament. "Ob eine solche Konstruktion auf Akzeptanz in der Fiskalpolitik stoßen könnte, ist zweifelhaft, wir sind beim Budgetrecht beim Königsrecht des Parlaments", mahnt Heinemann.
Nochmals einen anderen Vorschlag hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gemacht. Die Wirtschaftsweisen sprechen sich für "eine pragmatische" Reform der Schuldenbremse aus. Unter anderem plädieren sie dafür, dass bei einer niedrigeren Gesamtschuldenquote höhere Defizite möglich sein sollen. Wenn also die Schulden im Verhältnis zum BIP sinken, wären höhere Kredite möglich.
Für höhere Spielräume bei der Neuverschuldung plädiert auch Rüdiger Bachmann, Professor für Makroökonomik an der US-Universität Notre Dame: "Angesichts der geopolitischen Lage und der anstehenden Zukunftsaufgaben ist es völlig verantwortungslos, den Staat nicht handlungsfähig zu machen. Deutschland mit seinem relativ niedrigem Schuldenstand hat dafür die fiskalischen Spielräume."
Tatsächlich spielt Deutschland beim globalen Schuldentheater eher eine - aus Stabilitätssicht löbliche - Außenseiterrolle. Die Staatsschulden im Verhältnis zum BIP belaufen sich laut Internationalem Währungsfonds 2023 auf 64,3 Prozent, Tendenz sinkend. Zum Vergleich: Die USA haben mit 122,1 Prozent eine fast doppelt so hohe Schuldenquote, Tendenz steigend.
Hohe Schuldenquoten: Deka-Chefökonom warnt vor einer neuen Eurokrise
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, warnt dabei: "Immer mehr Länder verzeichnen Schuldenquoten von über 100 Prozent, in den letzten Jahren sind etwa Länder wie die USA oder Frankreich hinzugekommen." Zum sehr ernsten Problem könne das werden, wenn die Inflation weiter sinkt, aber die Zinsen nicht oder nur langsamer. Das hieße, dass die sogenannten Realzinsen steigen. "In den USA ist das bereits der Fall", gibt Kater zu Bedenken. Das bedeutet wiederum: ein wachsender Anteil der Haushaltseinnahmen fließt in Zinszahlungen.
Für die USA sei die wachsende Schuldenlast zwar auf absehbare Zukunft tragbar, da ihre Währung, der Dollar, als globale Reservewährung fungiere. "Aber schon in den europäischen Ländern ist das nicht der Fall", warnt Kater. Sicher, in der EU sorge der mittlerweile gut 800 Milliarden Euro schwere Aufbaufonds "NextGenerationEU" noch dafür, dass auch hochverschuldete Mitgliedsstaaten finanziell über die Runden kämen. Trotzdem warnt Kater vor einer neuen europäischen Staatsschuldenkrise: “Da eine Fortsetzung dieser EU-Ausgabenprogramme unrealistisch ist, ist der nächste Krach in der Finanzetage des europäischen Hauses vorprogrammiert.”
Deshalb sind Ökonomen für eine höhere Erbschaftssteuer
Aufgrund dieser Gefahren verneint kaum ein Ökonom, dass die Politik den Bürgern auch Einschnitte zumuten muss, damit die Schulden dauerhaft tragfähig bleiben. Obwohl er Spielräume für mehr Schulden in Deutschland sieht, hat auch Rüdiger Bachmann eine bittere Botschaft: "Die nächsten 25 Jahre muss Deutschland deutlich mehr investieren, und das wird zulasten des Konsums gehen müssen." Also kürzen bei Rente und Bürgergeld, den klassischen konsumtiven Staatsausgaben?
Aus Bachmanns Sicht sollten vielmehr die oberen Einkommensbezieher einen Beitrag leisten: "Es geht nicht um Kanonen statt Butter, sondern um Kanonen statt Porsches." Bachmann plädiert für höhere Steuern für Reiche, insbesondere mit Blick auf die Erbschaftssteuer, hält aber wie nahezu alle Ökonomen auch ein höheres Renteneintrittsalter für erforderlich.
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Auch Finanzwissenschaftler Janeba findet, dass Erben, insbesondere solcher sehr großer Vermögen, in Deutschland stärker besteuert werden sollten. Er erklärt: "Das Aufkommen der Erbschaftssteuer könnte ausgeweitet werden, indem niedrige Sätze auf eine breitere Bemessungsgrundlage bei Beibehaltung des Freibetrags angesetzt werden, so auch bei der Vererbung von Betriebsvermögen."
Feiertage streichen, um ein neues Sondervermögen Bundeswehr zu finanzieren
Damit der Staat die Schulden aus einem neuen Sondervermögen Bundeswehr auch zurückzahlen kann, macht Stefan Kolev einen weiteren Vorschlag: “Ich wäre dafür, mittelfristig ein bis zwei Feiertage zu streichen und das zusätzliche Steueraufkommen dafür zu verwenden. Dänemark ist 2023 in diese Richtung vorangegangen. Eine solche Lösung hätte den Vorteil, die zwei wichtigen Themen Verteidigungsfähigkeit und Arbeitskultur zu verknüpfen”
Die Wissenschaft mag über Schulden, Ausgabenkürzungen und die Steuerpolitik streiten. Einigkeit herrscht, dass mehr Investitionen nötig sind. Die rechnen sich auch volkswirtschaftlich, erklärt Rüdiger Bachmann: "Es gibt eine hohe Anzahl sehr solider Studien, die beispielsweise zeigen, dass die volkswirtschaftliche Rendite von Bildungsausgaben sehr hoch ist und das Wachstum ankurbelt." Schwieriger sei das mit Blick auf die Dekarbonisierung. Dass die Transformation der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität sich direkt in mehr Wachstum des BIP niederschlage, sei höchst fragwürdig. “Einen intakten Kapitalstock etwa in Form von Kohlekraftwerken zu verschrotten, ist erstmal ein Wohlstandsverlust, aber langfristig natürlich richtig, denn die rapide Erderwärmung infolge des Verbrennens fossiler Rohstoffe wie Kohle und Öl bedroht unseren Wohlstand eben auch.”