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Am Abend des 14. August 1949 werden in einem Frankfurter Wahllokal die Stimmen der ersten Bundestagswahl ausgezählt. 78,5 Prozent der Wahlberechtigten machten damals von ihrem Stimmrecht Gebrauch.

Vor 75 Jahren : Die erste Bundestagswahl

1949 fand die erste Bundestagswahl statt - die erste freie demokratische Wahl seit den Reichstagswahlen 1932. Ein bedeutender Moment für die junge Bundesrepublik.

12.08.2024
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60,4 Millionen Menschen waren bei der letzten Bundestagswahl 2021 wahlberechtigt. Für die meisten von ihnen wohl ein selbstverständlicher Vorgang in Zeiten, in denen einige zu vergessen scheinen, welch große Errungenschaft die Demokratie für die Bundesrepublik ist.

Vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs war das anders: Die ersten freien Wahlen nach dem Ende der Diktatur der Nationalsozialisten am 14. August 1949 waren ein besonderes Ereignis. 16 Parteien traten an, bundesweit davon allerdings nur SPD, FDP und KPD sowie die Union mit der CSU in Bayern und der CDU in allen anderen Ländern. Stärkste Kraft wird die Union, nur zwei Prozentpunkte dahinter landet die SPD vor der FDP.

Wahlbeteiligung stieg bei folgenden Wahlen weiter an

78,5 Prozent der damals 31 Millionen Wahlberechtigten gingen zur Wahl. Obwohl die Wahlbeteiligung bei den darauffolgenden Wahlen bis 2002 stets höher lag und Werte zwischen 79 und 91 Prozent erreichte, wird die Wahlbeteiligung von 1949 heute als hoch angesehen. 

Während mittlerweile im Bundestag darüber diskutiert wird, das Wahlalter bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre herabzusetzen, war 1949 das Mindestalter für das aktive Wahlrecht noch auf 21 Jahre festgelegt. Für das passive Wahlrecht lag es sogar bei 25 Jahren. Es sollte bis 1972 dauern, bis das aktive Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt wurde, und drei weitere Jahre, bis diese Regelung auch für das passive Wahlrecht galt.

Parlamentarischer Rat bestimmte personalisiertes Verhältniswahlrecht 

Das Wahlsystem der ersten Bundestagswahl sah bereits das personalisierte Verhältniswahlrecht vor, das bis heute Bestand hat. Das hatten die Mitglieder des Parlamentarischen Rates, die wenige Monate zuvor das Grundgesetz ausgearbeitet und verabschiedet hatten, festgelegt. Der Unterschied zu heute: 1949 hatten die Wählerinnen und Wähler nur eine Stimme, die sie zugleich für einen Direktkandidaten und eine Partei abgaben.

Auch die Sperrklausel war anders ausgestaltet - sie galt zunächst nur auf Länderebene: Eine Partei musste nur in einem Bundesland fünf Prozent der Stimmen gewinnen. In Ländern, in denen eine Partei die Sperrklausel nicht überwinden konnte, wurden die Stimmen nicht mitgezählt. Erst 1953 wurde die bundesweite Fünf-Prozent-Hürde eingeführt, um eine Zersplitterung des Parlaments zu verhindern.

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Anstatt TV-Duell: Wahlplakate neben Seifenreklame. 16 Parteien traten bei der ersten Bundestagswahl am 14. August 1949 an und kämpften um die Wählerstimmen.

Duell Adenauer gegen Schumacher

Im Wahlkampf 1949 setzten die Parteien auf politische Parolen: "Wir können nicht zaubern, aber arbeiten", schrieb die CDU auf einem Wahlplakat. "Alle Millionäre wählen CDU-FDP, alle übrigen Millionen Deutsche die SPD", lautete der Slogan der Sozialdemokraten. Der Wahlkampf 1949 kannte nur ein Thema: die Wirtschaft.

Während der SPD-Spitzenkandidat Kurt Schumacher im Wahlkampf auf soziale Gerechtigkeit setzte und sich gegen den Kapitalismus aussprach, rückte der spätere Kanzler Konrad Adenauer die Sozialdemokraten in die Nähe der Kommunisten und schürte so die Angst vor Klassenkampf und Planwirtschaft.

Adenauer wird erster Bundeskanzler

Obwohl viele Beobachter dennoch von einem Sieg der SPD ausgingen, brachte am Ende vor allem die im Programm von CDU/CSU anvisierte "soziale Marktwirtschaft" der Union den Erfolg. Mit 31 Prozent wurde sie stärkste Kraft im neuen Parlament mit insgesamt acht Fraktionen und 410 Abgeordneten. Auf Platz zwei landete die SPD mit 29,2 Prozent, gefolgt von FDP (11,9 Prozent), KPD (5,7) und DP (4,0). Gemeinsam mit FDP und DP schloss die Union ein Regierungsbündnis mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur einer Stimme - und machte Konrad Adenauer (CDU) zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik. Theodor Heuss von der FDP wurde zum ersten Bundespräsidenten gewählt. 

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Im ersten Bundestag war die Politik männerdominiert. Unter den 410 Abgeordneten waren lediglich 28 Frauen - obwohl sie im Deutschland der Nachkriegszeit in deutlicher Überzahl waren. Zehn weitere Frauen rückten im Laufe der ersten Legislaturperiode nach, wenn ein Mitglied aus dem Parlament ausschied. Viele Namen und Biografien dieser ersten weiblichen Abgeordneten waren lange vergessen, obwohl sie einen bedeutenden Beitrag zur Gleichberechtigung leisteten. Erst mit dem 75-jährigen Bestehen des Bundestages, wurde die Arbeit der Pionierinnen wieder ins Gedächtnis gerufen und gewürdigt.

Der erste Deutsche Bundestag trat am 7. September 1949 zusammen. Die erste Bundestagswahl am 14. August 1949 markierte nicht nur den Beginn einer neuen demokratischen Ära nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Diktatur, sondern markiert auch den Grundstein für das demokratische System, das bis heute besteht.

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