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Foto: Deutscher Bundestag/Tobias Koch
Große Freude bei Julia Klöckner (CDU), die nun Präsidentin des 21. Deutschen Bundestages ist.

Erste Sitzung des neuen Bundestages : Arbeitsfähig unter der Kuppel

Die 21. Wahlperiode hat begonnen: Der Bundestag wählt Julia Klöckner (CDU) mit großer Mehrheit zu seiner Präsidentin - und streitet über die Geschäftsordnung.

25.03.2025
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3 Min

Der zeitliche Übergang von der letzten Sitzung des alten zur ersten Sitzung des neu gewählten Bundestages war in diesem Jahr besonders knapp. Aber er hat funktioniert: Am 25. März haben sich die Abgeordneten des 21. Deutschen Bundestages unter der Reichstagskuppel zur konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments zusammengefunden. Sie haben mit einer deutlichen Mehrheit von 382 Ja-Stimmen die CDU-Politikerin Julia Klöckner zur neuen Bundestagspräsidentin gewählt (bei 204 Nein-Stimmen, 31 Enthaltungen und fünf ungültigen Stimmen).

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Gewählt wurden auch ihre Stellvertreter: Andrea Lindholz (CSU), Josephine Ortleb (SPD), Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) und Bodo Ramelow (Die Linke). Zum ersten Mal seit vielen Jahren gibt es damit nach einer Bundestagswahl keinerlei personelle Kontinuität im Bundestagspräsidium, denn alle Mitglieder bekleiden ihr Amt zum ersten Mal. Nicht die nötige Mehrheit der Stimmen erhielt Gerold Otten, der von der AfD-Fraktion für das Amt eines Vizepostens vorgeschlagen wurde.

Nicht alles ist Routine in der ersten Sitzung

Während die verschiedenen Wahlgänge weitgehend routiniert vonstatten gingen, zeigte sich in der Aussprache zuvor, dass diese erste Sitzung doch nicht nur eine Routine-Tagesordnung abarbeitete. Denn zur Diskussion stand ebenfalls die Geschäftsordnung des Bundestages. Und da erlebte das frisch zusammengetretene Parlament bereits erste heftige Wortgefechte.

Der Grund: Die AfD hatte einen Antrag zur Geschäftsordnung vorgelegt, wonach nicht der dienstälteste Abgeordnete als Alterspräsident die konstituierende Sitzung eröffnen soll, sondern der nach Lebensjahren älteste. Das wäre der frühere AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland (84 Jahre) gewesen. In der Abschaffung der Lebensalter-Regelung 2017 sieht die AfD eine Ausgrenzung ihrer Abgeordneten. Entsprechend scharf griff Bernd Baumann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, die anderen Fraktionen als "Meinungskartell" an und erntete ebenso heftige Repliken von eben diesen. Man habe am Beispiel Thüringens sehen können, was es bedeute, wenn ein AfD-Alterspräsident zur "Chaotisierung" einer Sitzung beitrage, erwiderte unter anderem Thorsten Frei (CDU) von der Unionsfraktion.

Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse blieb es aber beim ursprünglichen Plan: Der dienstälteste Abgeordnete, Gregor Gysi (Die Linke), eröffnete die Sitzung. Während in Medien schon über die "Rede seines Lebens" spekuliert wurde und Katja Mast (SPD) in der Geschäftsordnungsdebatte auf die "persönliche Note" dieser Rede gespannt war, zeigte Gysi doch Nerven und präsentierte sich, dem Anlass gemäß, weniger angriffslustig als nachdenklich mahnend.

Politische Differenzen müssten mit Respekt und Verständnis anstatt mit Diffamierung ausgetragen werden. "Wir müssen lernen zu respektieren, dass es diese Unterschiede gibt." Begriffe wie "Kriegstreiber" oder "Putin-Knechte" etwa seien in der Debatte über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine fehl am Platz, denn beide Seiten wollten auf ihrem Wege zum Frieden kommen, kritisierte Gysi. Außerdem schlug er dem Bundestag die Einrichtung überparteilicher Gremien vor, um besonders komplexe und strittige Themen zu beraten, wie etwa eine Renten- oder Steuerreform oder den Bürokratieabbau.

Klöckner wirbt für Kompromissfähigkeit

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner warb in ihrer Antrittsrede ebenfalls für Kompromissfähigkeit. "Demokratie ist im besten Sinne eine Zumutung. Haben wir den Mut zum Aushalten anderer Meinungen innerhalb des Rahmens unserer Verfassung", betonte sie und mahnte, "wir alle sollten den Stil unseres Diskurses gemeinsam überdenken". Eine dahingehende Änderung der Geschäftsordnung war zuvor von verschiedenen Fraktionen gefordert worden, um diffamierende Äußerungen im Bundestag künftig stärker sanktionieren zu können.

Klöckner machte auch klar, dass das Parlament die Regierung kontrolliere und nicht umgekehrt. Entsprechend selbstbewusst sollte es auftreten und mit einer Reform der Geschäftsordnung die eigene Rolle stärken.

Unter Hinweis auf den niedrigen Frauenanteil im Bundestag (32,4 Prozent) forderte sie außerdem mehr Anstrengungen, "um Frauen in die Politik zu holen", der politische Betrieb müsse lebenspraktischer werden, sagte sie. 

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