
Start der neuen Wahlperiode : So läuft die Konstituierung des Bundestages ab
Mit der Konstituierung tritt der neue Bundestag am 25. März erstmals zusammen. Die erste Sitzung ist ein besonderer Moment und folgt einem klaren Ablauf.
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„Es ist gut für Deutschland, wenn fraktionsübergreifend die Abgeordneten auch ein Bier miteinander trinken“, gab Alterspräsident Heinz Riesenhuber (CDU) dem 18. Deutschen Bundestag in dessen konstituierender Sitzung 2013 mit auf dem Weg. Der Rat verdeutlicht, um was es bei der Konstituierung eines Parlamentes auch geht: Die Wunden des gerade erst beendeten Wahlkampfes heilen. Dafür sorgt auch ein besonderer Ablauf der Sitzung, bei dem alle Abgeordneten einzelnd aufgerufen werden.
Der Bundestag konstituiert sich selbst
Zwar ist nach einer Verfassungsreform 1976 die bis dahin tatsächlich bestehende „parlamentslose Zeit“ abgeschafft worden, der Bundestag ist seitdem ein ständig präsentes und handlungsfähiges Verfassungsorgan. Dennoch muss sich ein neuer Bundestag nach jeder Wahl erst einmal neu konstituieren. Ein besonderer Moment in der Demokratie. Während dies im österreichischen Nationalrat beispielsweise die Aufgabe des Bundespräsidenten ist, konstituiert sich der Bundestag selbst. Etwa fünfeinhalb Stunden brauchte er dafür zuletzt im Oktober 2021.
Die Einladung aller neu gewählten Abgeordneten übernimmt laut Geschäftsordnung die Präsidentin des bisherigen Bundestages, also Bärbel Bas (SPD). Das Datum wird dabei im sogenannten Vor-Ältestenrat mit den Fraktionen im neuen Bundestag besprochen. Mit dem Zusammentritt der neuen Abgeordneten im Plenarsaal endet das Amt der Bundestagspräsidentin.
Der Alterspräsident eröffnet die erste Sitzung des neuen Parlaments
Die Eröffnung der ersten Sitzung übernimmt der Alterspräsident. Als solche amtierten in der Geschichte zumeist Abgeordnete mit einer besonders langen parlamentarischen Erfahrung. Genau das sieht seit 2017 auch die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages so vor. Als Alterspräsident führt das am längsten dem Bundestag angehörende Mitglied den Vorsitz. Bei der Konstituierung des 21. Deutschen Bundestages am 25. März ist dies Gregor Gysi von der Fraktion Die Linke. Der Politiker ist beinahe 31 Jahre lang Mitglied des Parlaments. Der Alterspräsident hat außerdem die Möglichkeit, zu Beginn der Sitzung eine Rede zu halten - hierbei ist er an keine Redezeit gebunden.
Die Schriftführer müssen bestimmt und die neue Geschäftsordnung beschlossen werden
Nach der Eröffnungsansprache durch den Alterspräsidenten folgt die Bestimmung der vorläufigen Schriftführer. Die sind nicht nur als Assistenz für seine Sitzungsleitung wichtig, sondern vor allem für die an diesem Tag noch anstehenden Wahlen.
Seit einiger Zeit lässt der Alterspräsident sodann einen Beschluss über die neue Geschäftsordnung (GO) herbeiführen. Üblicherweise wird die Geschäftsordnung des bisherigen Bundestages übernommen, ebenso üblich sind dabei aber auch Änderungsanträge von Fraktionen. Über diese wird abgestimmt oder sie werden zur weiteren Beratung zunächst vertagt.
Das Grundgesetz sichert den Abgeordneten ihre Geschäftsordnungsautonomie, ihre eigenen Regeln bestimmen nur sie selbst. Diese Garantie ist für die Legislative fundamental, damit sie ihre Rolle als eigenständige Staatsgewalt einnehmen kann. In jeder Wahlperiode ist es deshalb auch die Drucksache mit der Nummer 1, mit der sich der Bundestag zunächst einmal eine Geschäftsordnung gibt.
Die Wahl der Bundestagspräsidentin erfolgt geheim
Dann folgt ein zentraler Tagesordnungspunkt, ohne den die Konstituierung nicht abgeschlossen werden könnte. Das Grundgesetz fordert, dass der Bundestag einen Präsidenten oder eine Präsidentin wählt. Diese Wahl wird verbunden mit dem Namensaufruf aller neu gewählten Abgeordneten.
Bereits seit der Weimarer Republik hat sich dabei der Parlamentsbrauch entwickelt, dass nur die jeweils stärkste Fraktion eine Kandidatin oder einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten vorschlägt, das ist im 21. Deutschen Bundestag die CDU/CDU-Fraktion. Die Fraktion nominierte hierfür einstimmig die Abgeordnete und ehemalige Bundesministerin Julia Klöckner (CDU).

Bei geheimen Wahlen erhalten die Abgeordneten einen Stimmzettel, den sie in einer Wahlkabine markieren, in einen Umschlag stecken und unter der Kontrolle der Schriftführer in eine Wahlurne werfen.
Der Alterspräsident liest für die Wahl der Präsidentin alphabetisch die Namen aller Abgeordneten vor, die sodann ihre Stimme abgeben. Gewählt wird geheim und in Wahlkabinen, nur dort darf der Stimmzettel angekreuzt werden. Die Schriftführerinnen und Schriftführer sind verpflichtet, jeden, der seine Stimmkarte außerhalb der Wahlkabine kennzeichnet oder in den Umschlag legt, zurückzuweisen. Die Stimmabgabe kann allerdings in einem solchen Fall vorschriftsmäßig wiederholt werden.
Das Wahlgeheimnis wird streng überwacht, den Abgeordneten ist beispielsweise auch das Fotografieren ihrer Stimmzettel untersagt. Bei einem Verstoß drohen Ordnungsmaßnahmen.
Gewählt ist, wer die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, also mindestens 316 Stimmen, erhält. Bisher sind die von der stärksten Fraktion präsentierten Kandidaten und Kandidatinnen stets gewählt worden, zumeist mit einer deutlichen Mehrheit. Eine Ausnahme bildet mit Blick auf das Ergebnis die Wahl von Wolfgang Thierse (SPD), der 2002 mit nur knapp 60 Prozent der Stimmen gewählt wurde. Mit der Annahme der Wahl übernimmt die Präsidentin die Sitzungsleitung und hält ihre erste Ansprache an der Spitze des Hohen Hauses.
Die Vizepräsidenten-Wahl: Es gibt keine Pflicht, einen Kandidaten zu wählen
Im Anschluss entscheidet der Bundestag über die Zahl der Stellvertreterinnen und Stellvertreter der Präsidentin und wählt diese. Dabei gilt dasselbe strenge Wahlregime. Schon mehrfach in der Geschichte haben Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten die nötige Mehrheit verfehlt, zuletzt von der AfD-Fraktion. Das Bundesverfassungsgericht hat 2022 für die Wahl der Vizepräsidenten klargestellt, dass es mit einer Wahl unvereinbar wäre, wenn eine Fraktion das Recht auf ein bestimmtes Ergebnis hätte. Denselben Gedanken hat das höchste deutsche Gericht zwei Jahre später bestätigt und für die Wahl von Ausschussvorsitzenden entschieden, dass es für Abgeordnete keine Pflicht gibt, eine Kandidatin oder einen Kandidaten auch zu wählen.
Letzter Tagesordnungspunkt: Die Nationalhymne
Der letzte Tagesordnungspunkt ist feierlich, er lautet: „Nationalhymne“. Zuletzt wurde in der Corona-Pandemie noch auf das Singen verzichtet. 2025 darf wieder mitgesungen werden.
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