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Innenetat und Asylpolitik : Harte Debatte über "Sicherheitspaket" der Ampel

Den Oppositionsfraktionen reicht das Maßnahmenpaket der "Ampel" zur Bekämpfung des Islamismus und der irregulären Migration nicht aus.

13.09.2024
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4 Min
Foto: picture-alliance/dpa/SVEN SIMON/Frank Hoermann

Ein Polizist kontrolliert vergangene Woche die Papiere eines Autofahrers am bayerischen Grenzübergang Burghausen. Ab Montag soll es vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Grenzen geben.

Die erste Sitzungswoche des Bundestages nach seiner Sommerpause ist traditionell den Beratungen über den nächsten Bundeshaushalt gewidmet. Das war in der zurückliegenden Woche nicht anders, doch dominierte der Streit um eine verschärfte Migrationspolitik der Bundesregierung das Geschehen. 

Am Dienstag scheiterte im Bundesinnenministerium das Migrationstreffen der Ampel-Regierung mit CDU/CSU-Vertretern; am Mittwoch beherrschte das Thema bei der Aussprache über den Kanzleretat die Generaldebatte über die Regierungspolitik, und am Donnerstag startete das Plenum mit der ersten Lesung der Koalitionsentwürfe zur Umsetzung des "Sicherheitspakets", auf das sich die Ampel nach dem Messeranschlag von Solingen zur Bekämpfung des Islamismus und der irregulären Migration verständigt hatte.

Plenum debattiert über drei Gesetzentwürfe und zwei Anträge

Dabei sieht der Gesetzentwurf “zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems” Änderungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie im Waffenrecht und im Bundesverfassungsschutzgesetz vor und enthält die gesetzgeberischen Maßnahmen des Sicherheitspakets, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Der zweite Gesetzentwurf “zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung” enthält die restlichen Gesetzesvorhaben des Pakets, etwa neue Befugnisse für den biometrischen Internetabgleich, die automatisierte Datenanalyse und Waffenverbotszonen.


„Die Bundesregierung handelt mit Augenmaß und der nötigen Härte.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)

In erster Lesung debattierten die Abgeordneten zugleich über einen Gesetzentwurf der CDU/CSU “zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen”. Danach soll das "Ziel der Begrenzung der Zuwanderungssteuerung wieder als ausdrückliche übergeordnete Vorgabe für die Anwendung des Aufenthaltsgesetzes festgelegt" werden. Auch will die Union den Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz bis auf weiteres beenden. In einem gleichfalls an die Ausschüsse überwiesenen Antrag dringt sie zudem auf umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen.

Erstmals auf der Tagesordnung stand daneben ein AfD-Antrag auf eine “Kehrtwende in der Migrationspolitik”. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, die Bundesgrenze gegebenenfalls auch durch die Errichtung von Grenzzäunen kontrollierbar zu machen sowie jeden zurückzuweisen, der "unberechtigterweise aus einem sicheren Transitland einreisen will und daher kein Anrecht auf Asyl haben kann".

Faeser: Verstärkte Zurückweisungen an den Grenzen 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte in der Debatte, dass die Koalition mit ihren Gesetzesvorlagen notwendige Konsequenzen aus den "brutalen Morden durch einen Islamisten" in Solingen ziehe. Zu den Antworten auf solche Attacken wie in Solingen gehörten auch Grenzkontrollen, die sie vor drei Tagen an allen deutschen Landgrenzen angeordnet habe. Auch werde es an den Grenzen verstärkte Zurückweisungen geben, von denen seit letztem Oktober bereits 30.000 erfolgt seien. Die Bundesregierung handele "mit Augenmaß, aber auch mit der notwendigen Härte".

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte, da die Tat von Solingen islamistisch motiviert gewesen sei, wolle man noch entschlossener gegen den islamistischen Terrorismus vorgehen. Auch hätte der syrische Tatverdächtige nach geltendem Recht abgeschoben werden können, doch sei dies von den zuständigen Behörden "nicht durchgezogen" worden. Dies sei nicht zu akzeptieren, weshalb die Migrationspolitik verschärft werden müsse.

Thorsten Frei (CDU) bemängelte, die Koalitionsvorlagen enthielten zwar vernünftige Maßnahmen, aber blieben "hinter dem Notwendigen zurück". Das einzig probate Mittel zu einer deutlichen Reduzierung der irregulären Migration wären Zurückweisungen an der Grenze. Dies habe die Regierung bei dem Treffen am Dienstag aber nicht "auf den Tisch gelegt".

Bernd Baumann (AfD) konstatierte, dass sich die Ampelkoalition und die Union gerade mit Forderungen zur Abstellung von Massenmigration überböten. "Damit gestehen Sie doch alle implizit ein, dass offene Grenzen zu katastrophalen Folgen führen und eben nicht zu fröhlichem Multikulti", fügte Baumann hinzu. Die AfD habe mit ihren Warnungen und Forderungen zur Migration Recht gehabt und sei dabei nie extremistisch oder inhuman gewesen, sondern vernünftig.

Grüne warnen vor Spaltung der Gesellschaft

Konstantin von Notz (Grüne) warf der CDU/CSU vor, einen Zusammenhang von islamistischem Terror mit Migrationspolitik zu "fingieren". Dies sei ein Akt "des politischen Wahnsinns" und der Spaltung der von Migration geprägten Gesellschaft. Dirk Wiese (SPD) beklagte, dass die Debatte nach Solingen "insbesondere von rechts dazu instrumentalisiert wird, fast 23 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund bei uns im Land für alle Probleme verantwortlich zu machen". Dabei trügen "diese Menschen dazu bei, dass dieses Land läuft".

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Konstantin Kuhle (FDP) nannte es demgegenüber "weltfremd", zu behaupten, dass Ordnung und Kontrolle in der Migration nichts mit innerer Sicherheit zu tun hätten. Vielmehr zeige der Anschlag von Solingen, dass durch Ordnung und Kontrolle bei der Migration dazu beigetragen werden müsse, "dass die innere Sicherheit in Deutschland wieder besser wird".

Mehr Geld für Faesers Etat

Über den Etat 2025 des Bundesinnenministeriums debattierte das Parlament am späten Donnerstagnachmittag. Nach dem Regierungsentwurf soll Faesers Haushalt kommendes Jahr Ausgaben von knapp 13,75 Milliarden Euro aufweisen, rund 400 Millionen Euro mehr als 2024. 4,61 Milliarden Euro der Ausgaben sollen allein bei der Bundespolizei anfallen. Sie erhalte "weit über 300 Millionen Euro mehr" und 1.000 zusätzliche neue Stellen, sagte Faeser und sprach von einem "Sicherheitshaushalt", der die Sicherheitsbehörden mit zusätzlichen Mitteln von fast einer Milliarde Euro stärke.