Bundesregierung entlassen : Wie es mit dem Kabinett Scholz jetzt weitergeht
Bundespräsident Steinmeier hat das Kabinett von Olaf Scholz entlassen. Bis eine neue Regierung gefunden ist, bleiben Kanzler und Kabinett geschäftsführend im Amt.

Bundeskanzler Olaf Scholz erhält am Dienstag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Entlassungsurkunde. Das gesamte Kabinett ist jedoch weiterhin geschäftsführend im Amt.
Mit der konstituierenden Sitzung des Bundestages am Dienstag dieser Woche startete die 21. Wahlperiode. Die Amtszeit der alten Bundesregierung ging damit offiziell zu Ende. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und 14 Ministerinnen und Minister der Ampelregierung entlassen. Dieser Vorgang ist in Artikel 69 des Grundgesetzes vorgeschrieben: "Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers endigt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages", heißt es da.
Vorgehen verhindert regierungslosen Zustand
Trotzdem bleibt die Regierung Scholz erst einmal im Amt. Denn bis nach der Bundestagswahl eine neue Koalition gebildet wird und das Kabinett steht, arbeitet das alte geschäftsführend weiter.
Was ist eine geschäftsführende Bundesregierung?
⏰ Bis die neue Bundesregierung zusammentritt, bleibt die alte Bundesregierung geschäftsführend im Amt. Es gibt keine Frist, wie lange dies der Fall ist.
🖋️ Eine geschäftsführende Regierung hat weitreichende Befugnisse. Sie kann zum Beispiel neue Gesetze einbringen oder Rechtsverordnung erlassen. Es hat allerdings politische Tradition, dass sie keine wichtigen Vorhaben mehr auf den Weg bringt.
❌Ein geschäftsführender Bundeskanzler kann keine Vertrauensfrage stellen oder neue Ministerinnen und Minister ernennen. Hier gilt das sogenannte Versteinerungsprinzip.
Wegen der andauernden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD hat Bundespräsident Steinmeier den bisherigen Kanzler ersucht, geschäftsführend im Amt zu bleiben. Dieser hat seinerseits die Ministerinnen und Minister gebeten, dies gleichermaßen zu tun - ebenfalls geschäftsführend. Mit diesem Vorgehen soll ein regierungsloser Zustand verhindert werden. Ablehnen können die bisherigen Kabinettsmitglieder die geschäftsführende Amtsausübung - außer bei schwerer Krankheit - jedoch nicht.
Geschäftsführende Regierung hat weitreichende Befugnisse
Die geschäftsführende Regierung kann agieren wie eine normale. So kann sie beispielsweise Gesetze oder sogar einen neuen Haushalt in den Bundestag einbringen. Auch die Ministerinnen und Minister behalten ihre Befugnisse. Sie können Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften erlassen. Das Parlament besitzt seinerseits gegenüber der geschäftsführenden Regierung dieselben Kontrollrechte wie sonst auch.
Rechtlich gesehen muss sich die scheidende Regierung also nicht zurückhalten. Aufgrund der fehlenden Mehrheit im Parlament sind ihre Handlungsspielräume aber begrenzt. Außerdem gebietet es die politische Tradition, dass eine Regierung, die nur noch geschäftsführend im Amt ist, keine weitreichenden Vorhaben mehr auf den Weg bringt oder wichtige personelle Entscheidungen trifft. Denn dies würde den Handlungsspielraum ihrer Nachfolgerin einschränken. Ohne Mehrheit im Parlament kann der geschäftsführende Bundeskanzler Scholz keine Vertrauensfrage nach Artikel 68 des Grundgesetzes stellen. Er amtiert in dieser Phase nicht auf der Grundlage des parlamentarischen Vertrauens des neuen Bundestages. Scholz kann nicht die Voraussetzungen schaffen, um den Bundestag aufzulösen.
Auch ein Misstrauensvotum des neu gewählten Bundestages nach Artikel 67 des Grundgesetzes ist ausgeschlossen. Das Parlament besitzt gegenüber der geschäftsführenden Regierung aber die übrigen parlamentarischen Kontrollrechte, etwa das Recht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Auch neue Minister kann Scholz nicht mehr ernennen, weil nun das sogenannte Versteinerungsprinzip gilt. Wird ein Kabinettsmitglied etwa durch Krankheit amtsunfähig, werden die Aufgaben von anderen Regierungsmitgliedern übernommen.
Für die Bildung einer neuen Regierung gibt es keine Fristen
Olaf Scholz war drei Jahre, drei Monate und 17 Tage regulär im Amt. Er wird als SPD-Kanzler mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte eingehen. Willy Brandt (1969 bis 1974), Helmut Schmidt (1974 bis 1982) und Gerhard Schröder (1998 bis 2005) wurden mindestens einmal wiedergewählt. Noch kürzer regierten die CDU-Kanzler Ludwig Erhard (1963 bis 1966) und Kurt Georg Kiesinger (1966 bis 1969).
Eine Frist gibt es für die geschäftsführende Regierung nicht. Sie muss so lange im Amt blieben, bis eine neue vereidigt wird. Das kann sehr unterschiedlich sein. Seit der Wiedervereinigung 1990 dauerte die Bildung einer neuen Regierung zwischen 30 und 171 Tagen.
Wann es eine neue Regierung geben wird, ist offen. Wenn alles reibungslos läuft, könnten Friedrich Merz und sein Kabinett noch vor Ostern im Schloss Bellevue ihre Ernennungsurkunden entgegennehmen. Aber dafür müssten die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD in der nächsten Woche abgeschlossen werden. Das ist möglich, aber anspruchsvoll. Gelingt es nicht, dürfte die neue Regierung erst Ende April oder Anfang Mai stehen. Zu den noch strittigen Themen gehören unter anderem die Migrations-, Wirtschafts- und Steuerpolitik.
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