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Parlamentarisches Profil : Der Realist: Axel Voss

Der CDU-Europaabgeordnete fordert ein entschlossenes Vorgehen der EU gegen Fake News. Instrumente wie der Digital Services Act allein reichen nicht, sagt Axel Voss.

16.01.2025
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3 Min

Donald Trumps Amtsantritt als US-Präsident bringt den Terminkalender von Axel Voss (CDU) gerade ordentlich durcheinander. Eine kurzfristig anberaumte Sondersitzung im Europäischen Parlament folgt auf die nächste. Die Europaabgeordneten wollen sich positionieren, ehe die USA und ihre Digitalkonzerne wie nie zuvor weltweit ihre Macht ausspielen. Voss, rechtspolitischer Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, zitiert in diesen Tagen gerne den früheren US-Präsidenten Barack Obama, der sagte, jeder habe ein Recht auf eine eigene Meinung, nicht aber auf eigene Fakten.

Foto: Frank Beer

In der laufenden Legislaturperiode des Europäischen Parlaments will sich der 61-jährige Jurist vor allem mit der Regulierung von sozialen Medien befassen.

Die Ereignisse in den USA findet Voss wie viele Europaabgeordnete beunruhigend. Die Internetplattform Facebook will künftig ohne Faktenchecker auskommen. Der Milliardär Elon Musk, den sich Trump als Entbürokratisierer an die Seite gestellt hat, unterstützt offen die rechtspopulistische Politik der AfD. "Wir bewegen uns in Richtung einer postfaktischen Welt", befürchtet Voss.

Voss plädierte bisher eher für behutsame Regulierung

Dabei hatte der Jurist, der 2009 erstmals ins Europäische Parlament einzog, jahrelang daran gearbeitet, genau das zu verhindern. Ab 2019 hat er den Schwerpunkt seiner Arbeit auf Künstliche Intelligenz (KI) verlagert, zunächst als Berichterstatter für die KI-Regulierung, dem weltweit ersten Versuch, einen gesetzlichen Rahmen für KI zu schaffen. Im Sonderausschuss des Europäischen Parlaments für Künstliche Intelligenz (AIDA) war Voss dann Berichterstatter für KI im digitalen Zeitalter.

In der laufenden Legislaturperiode will sich der Jurist vor allem mit der Regulierung von sozialen Medien beschäftigen. Voss, der bisher eher für behutsame Regulierung plädiert hat, sieht angesichts des Paradigmenwechsels in den USA dringenden Handlungsbedarf. Die EU müsse "schnell" reagieren und sich gegen die Eigentümer von Social Media-Plattformen wehren, die sich in Wahlen einmischen: "Wir müssen entschlossen gegen Fake News vorgehen." Er macht sich keine Illusion, dass ein Instrument wie der Digital Services Act ausreichen könnte, um die Flut an Falschmeldungen in der EU zu bekämpfen.


„Wir bewegen uns in Richtung einer postfaktischen Welt.“
Axel Voss (CDU)

Inhaltliche Unterstützung bekommt der 61-jährige Voss von seinem Büroleiter Kai Zenner, einem ausgewiesenen Digitalexperten, der dem OECD-Expertennetzwerk für KI und dem KI-Zusammenschluss des World Economic Forum angehört. Zenner ist in Brüssel eine viel beachtete Stimme für Digitales, so dass dieser mittlerweile scharf trennt, wann er für den Chef und wann er für sich selbst spricht.

Eigene Erfahrungen mit der Macht sozialer Medien im Streit um die Upload-Filter

Eine sehr persönliche Erfahrung mit der Macht sozialer Medien und Fake News machte Voss, als er 2018 an der Reform des europäischen Urheberrechts arbeitete mit dem Ziel, Rechteinhaber besser zu schützen. Die damalige YouTube-Chefin Susan Wojcicki behauptete, dass die Reform die Lebensgrundlage von Influencern bedrohe und die Meinungsfreiheit einschränke. Der hochemotionale Streit um die sogenannten Upload-Filter wuchs sich zu einem regelrechten Shitstorm aus. Binnen zwei Wochen erhielt Voss 60.000 E-Mails, darunter auch Morddrohungen. Seine Mitarbeiter gingen nur noch ans Telefon, wenn sie die Nummern der Anrufer kannten.

Voss, in Hameln geboren, aber seit rund 35 Jahren in Bonn zu Hause, strahlt eine rheinische Gelassenheit aus. Doch er weiß genau, dass in der Legislaturperiode bis 2029 viel zu tun sein wird. Gerade erst mahnte er an, dass die EU nicht nur Gesetze erlassen müsse, um Fake News zu bekämpfen, sondern diese auch durchsetzen müsse.

So beunruhigt ihn, dass ein Nicht-EU-Land wie Großbritannien bereits fünf Mal so viele Mitarbeiter für die Überwachung von KI eingestellt hat wie die EU. Voss setzt auf den kurzen Draht zu EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen. Ehe die Finnin in die EU-Kommission wechselte, war sie zehn Jahre lang Mitglied des Europäischen Parlaments - in derselben Fraktion wie Voss.

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