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Das planen die Parteien : Gegensätzliche Rezepte in der Asyl- und Zuwanderungspolitik
Über kaum ein anderes Thema wird im Wahlkampf so gestritten wie Migration. Wie divers die Positionen der Parteien dazu sind, zeigt ein Blick in die Programme.
Die Sozialdemokraten setzen in ihrem Wahlprogramm auf eine Beschleunigung der Asylverfahren und plädieren für stärkere Kontrollen der EU-Außengrenzen. Die "Externalisierung von Asylverfahren" lehnt die SPD ab und fordert für Schutzsuchende Zugang zu fairen und rechtsstaatlichen Verfahren in der EU. Rückführungen sollen nach ihrem Willen "human und konsequent erfolgen". Werden freiwillige Ausreisen verweigert, plädiert sie für "rasche wie konsequente Abschiebungen, insbesondere bei Straftätern". Zugleich wendet sich die SPD gegen "Grenzschließungen und Pauschalzurückweisungen an den Binnengrenzen" und setzt sich für sichere und legale Fluchtrouten ein sowie für "Resettlement- und humanitäre Aufnahmeprogramme". Auch will sie die Familienzusammenführung für subsidiär Schutzbedürftige weiterhin ermöglichen.
Die Union will eine grundsätzliche Wende
CDU und CSU dringen auf eine grundsätzliche Wende in der Migrationspolitik. "Wir kontrollieren die deutschen Staatsgrenzen und setzen konsequente Zurückweisungen an der Grenze durch", heißt es in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm. Danach sollen Asylverfahren und Rückführungen beschleunigt und weitere Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden; auch soll es wieder Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien geben. Den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten will die Union aussetzen und alle freiwilligen Aufnahmeprogramme beenden. Zudem wollen die beiden Parteien das europäische Asylrecht ändern. Wer in Europa Asyl beantragt, soll ihrem Wahlprogramm zufolge "in einen sicheren Drittstaat überführt werden, dort sein Verfahren durchlaufen und dort bei Bedarf Schutz finden".
Die Grünen stellen sich in ihrem Wahlprogramm gegen einen "Kurs der Asylrechtsverschärfungen, die nur zulasten der Schutzsuchenden gehen und Integration behindern". Den Familiennachzug wollen sie weiter ermöglichen und vorhandene Einschränkungen aufheben; daneben unterstützen sie humanitäre Aufnahme- und Resettlementprogramme für besonders gefährdete Gruppen. Ausreisepflichtige, die schwere Straftaten begangen haben, sollen nach Verbüßung ihrer Strafen prioritär zurückgeführt werden. Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete sowie in Staaten, "bei denen menschenrechtliche oder völkerrechtliche Gründe entgegenstehen", lehnen die Grünen ab, ebenso wie dauerhafte stationäre Binnengrenzkontrollen. Zugleich sprechen sie sich für rechtsstaatliche Kontrollen an den Außengrenzen aus.
FDP will Zurückweisungen an deutschen Grenzen “modellhaft erproben”
Die FDP wirbt für eine "neue Realpolitik" in der Migration. "Wer ohne Bleiberecht hier ist, der muss unverzüglich in seine Heimat zurückkehren", heißt es in ihrem Wahlprogramm. Darin fordern die Freidemokraten, Asylverfahren zu beschleunigen und die Zuständigkeit für Abschiebungen auf der Bundesebene zu zentralisieren. Asylverfahren sollen nach ihrem Willen zudem auch in Drittstaaten stattfinden, "wenn Schutzsuchende dort sicher und rechtsstaatliche Verfahren gewährleistet sind". Zugleich unterstützen sie "die modellhafte Erprobung von Zurückweisungen an den deutschen Außengrenzen" und fordern ein geordnetes Verfahren zur Feststellung von mehr sicheren Herkunftsstaaten. Den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten will die FDP aussetzen und bei Aufnahmeprogrammen pausieren.
Die AfD will eine "Kehrtwende" in der Migrationspolitik. Kontrollen und Zurückweisungen an der Grenze müssten als selbstverständliches Recht souveräner Staaten aufgefasst werden. Einreisen dürfe künftig "nur noch, wem dies erlaubt ist", schreibt sie in ihrem Programm. Wer kein Bleiberecht besitze und sich illegal in Deutschland aufhalte, werde abgeschoben. Ausländische Gefährder, Extremisten und schwere Straftäter will die AfD vorrangig zurückführen. Das individuelle Asylrecht soll nach ihrem Willen zu einer institutionellen Garantie oder einfachgesetzlichen Regelung umgewandelt werden. Zugleich spricht sie sich für die Einrichtung von Gewahrsamszentren an der Grenze "zur Sicherstellung aufenthaltsbeendender Maßnahmen" aus und will Reformen der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die Linke pocht auf Einhaltung der einschlägigen Konventionen
Die Linke will eine "solidarische Einwanderungsgesellschaft", wie sie in ihrem Programm es formuliert, und pocht auf die Einhaltung der genannten Konventionen. Sie wirbt für legale Einreisemöglichkeiten in die EU und fordert, den individuellen Zugang zu Asylverfahren und Rechtsschutz auch an den EU-Außengrenzen sicherzustellen. "Schnellverfahren und Inhaftierung von Schutzsuchenden" lehnt sie ab. Systematische Binnengrenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen hält Die Linke für unzulässig und plädiert für "umfassende Aufnahmekontingente über das Resettlement-Programm des UNHCR".
Das BSW will "die unkontrollierte Einwanderung beenden". Asylverfahren sollen laut BSW-Programm nach Möglichkeit außerhalb der EU in sicheren Drittstaaten stattfinden. Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, habe kein Recht auf Aufenthalt und damit keinen Anspruch auf soziale Leistungen oder ein Asylverfahren. Flüchtlinge sollen nach dem Willen des BSW bei schweren Straftaten ihren Anspruch auf ein Asylverfahren in Deutschland verlieren; den Schutz vor Abschiebung will die Partei auf Fälle begrenzen, "in denen klare Indizien vorliegen, dass dem Betroffenen im Herkunftsstaat die Todesstrafe droht".
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