Nach dem Koalitionsbruch : Das Hohe Haus berät nur über wenige Punkte
Wie geht es weiter nach dem Aus der Ampelkoalition? Die Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Debatte dazu stehen im Fokus dieser Sitzungswoche.
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Nach dem Bruch der Ampelkoalition und dem Streit um den Termin für die Vertrauensfrage im Bundestag und für Neuwahlen steht in dieser Sitzungswoche nur wenig auf der Tagesordnung des Parlaments. Derzeit sind mit Mittwoch und Donnerstag zwei Sitzungstage vorgesehen. Da es zwischen den Fraktionen keine Einigung über die Tagesordnung gibt, beginnen die Plenarberatungen mit einer Geschäftsordnungsdebatte, nach der über die Tagesordnung abgestimmt werden muss.
Eine Woche nach dem Ampel-Aus: Regierungserklärung zur aktuellen Lage am Mittwoch
Es folgt am Mittwochmittag eine 30-minütige Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur aktuellen Lage. Daran schließt sich eine zweistündige Debatte an.
Die Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP war in der vergangenen Woche mit der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und den Rücktritten von Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) zerbrochen. Seitdem führt Kanzler Scholz eine rot-grüne Minderheitsregierung an.
Die Ankündigung von Scholz, am 15. Januar 2025 im Parlament die Vertrauensfrage stellen zu wollen, war bei der Opposition teils auf heftige Kritik gestoßen. Am Dienstag wurde nun bekannt, dass die Abstimmung über die Vertrauensfrage bereits am 16. Dezember stattfinden könnte. Die erwartete Niederlage bei dieser Abstimmung würde den Prozess zu Neuwahlen einleiten. Als Termin für die vorgezogene Bundestagswahl ist der 23. Februar 2025 im Gespräch. Über den Wahltermin entscheidet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dem SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und der Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz (CDU) laut Medienberichten am Dienstagabend gemeinsam den Vorschlag unterbreiteten.
Bereits am Dienstagvormittag hatte der Wahlprüfungsausschuss in einer Sondersitzung mit Bundeswahlleiterin Ruth Brand über die Vorbereitung der anstehenden Neuwahlen beraten. Brand sagte, sie halte die in den Medien genannten möglichen Termine im Februar "sehr wohl für rechtssicher durchführbar".
Regierungsbefragung, Fragestunde und Aktuelle Stunde im Zeichen des Ampel-Aus
Um die Folgen nach dem Bruch der Ampelkoalition wird es sicherlich auch bei der anschließenden Regierungsbefragung gehen, bei der sich Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) den Fragen der Abgeordneten stellen müssen. Wie die ebenfalls für Mittwoch aufgesetzte Fragestunde, in der Vertreter der Bundesregierung 45 Minuten lang Fragen der Abgeordneten beantworten, geht sie auf das verfassungsrechtlich gewährleistete parlamentarische Fragerecht zurück.
Auch eine Aktuelle Stunde ist für diesen Tag bereits aufgesetzt: Um die gesetzgeberische Tätigkeit des Parlaments nach dem Bruch der Koalition soll es am Mittwochabend gehen. Die AfD-Fraktion hat die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Kein Stillstand im Parlament – Sachbezogene Mehrheiten nutzen“ verlangt.
Beratung über Nachtragshaushalt 2024 und Änderung der Höfeordnung
Ohne Debatte ist für Mittwoch die zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Nachtragshaushaltsgesetzes 2024 vorgesehen. Es wird erwartet, dass dieser an den federführenden Haushaltsausschuss zurück überwiesen wird.
Am Donnerstagvormittag soll abschließend über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf „zur Änderung der Höfeordnung und zur Änderung der Verfahrensordnung für Höfesachen“ beraten werden. Hintergrund ist eine Änderung im Gesetz zur Modernisierung von Strafverfahren, mit der die Befugnisse von Strafverfolgungsbehörden zur Telekommunikationsüberwachung bei bestimmten Katalogtaten wie Banden-, Wohnungseinbruchs- und schwerem Bandendiebstahl verlängert werden sollen. Die bisherige Regelung läuft am 12. Dezember 2024 aus. Den geänderten Gesetzentwurf hat der Rechtsausschuss am vergangenen Mittwoch mit den Stimmen der Ampelfraktionen sowie der Unionsfraktion beschlossen.
Anhörung zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts
Regulär weiter laufen die Anhörungen in den Ausschüssen des Bundestages: Ein besonderer Augenmerkt liegt am Mittwochvormittag auf der Anhörung des Rechtsausschusses zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts.
Hintergrund ist ein interfraktionelles Vorhaben zur Absicherung des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz: Danach sollen wesentliche Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts und ein Ersatzwahlmechanismus im Grundgesetz verankert werden. SPD, Grüne und FDP hatten sich mit der Unionsfraktion angesichts von Befürchtungen einer Aushöhlung von Demokratie und Rechtsstaat darauf verständigt. Für die Änderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag erforderlich.
Untersuchungsausschüsse setzen Vernehmungen von Zeugen fort
Auch die Untersuchungsausschüsse setzen ihre Zeugenvernehmungen fort. Der 1. Untersuchungsausschuss (Afghanistan) hat für Donnerstagmittag prominente Zeugen geladen: Unter anderem sollen die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Olaf Scholz in seiner Rolle als früherer Finanzminister aussagen. Der Ausschuss untersucht die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und der Evakuierung des deutschen Personals sowie sogenannter Ortskräfte und anderer Betroffener.
Auch der 2. Untersuchungsausschuss, der sich mit den staatlichen Entscheidungsprozessen zur Anpassung der nationalen Energieversorgung an die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine veränderte Versorgungslage befasst, tagt am Donnerstagmittag. Befragt werden soll unter anderem Richard Lothar Donderer, Vorsitzender der Reaktor-Sicherheitskommission. Der Atom-Untersuchungsausschuss soll sich ein Gesamtbild von den Entscheidungsprozessen sowie deren Kommunikation verschaffen. Dies gilt insbesondere für die Entscheidungen über einen möglichen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke.
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